‚Modernisierung‘ im großen Stil geplant!

9. Februar 2018

Tausenden Anwohnern in Gropiusstadt droht eine saftige Mieterhöhung, weil ihr Vermieter seine Häuser modernisieren und sanieren will.Eine Initiative wehrt sich dagegen. Mehr lesen: http://www.tagesspiegel.de/berlin/steigende-mieten-in-gropiusstadt-waermedaemmung-bedroht-neukoellner-mieter/20929626.html

Dazu gab es in der BVV-Sizung vom 24.1. eine Einwohneranfrage der Anwohner*innen,  Drucksache – 0451/XX:

Energetische Sanierung in der Gropiusstadt, Löwensteinring 23/25

  • Wie unterstützt das Bezirksamt Neukölln uns bei der Feststellung der in unseren Häusern verbauten Asbestsubstanz und wie schützt das Bezirksamt die Mieterinnen und Mieter vor damit verbundenen Gesundheitsgefahren während der Baumaßnahmen?
  • Wie reagiert die BVV und das Bezirksamt auf die enormen Mietsteigerungen im Löwensteinring im Rahmen der energetischen Sanierung von bis zu 180€ und die damit verbundene Verdrängung der Mieterschaft aus den ehemaligen Sozialwohnungen?

Die Antwort von Jochen Biedermann spricht für sich, insbesondere der Teil, dass das Bezirksamt erst einschreitet, wenn (Zitat) „eine konkrete Gefährdung bzw. konkrete Verdachtsmomente durch beschädigte Asbestbauteile nachweisbar oder ein unsachgemäßer Rück- oder Ausbau von asbesthaltigen Bauteilen erfolgt ist„, also der Schaden schon eingetreten ist.

Für das Bezirksamt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1. Zurzeit gibt es keine gesetzliche Grundlage für ein generelles Ausbau- oder Entfernungsgebot für Asbest aus Gebäuden bzw. gebäudetechnischen Anlagen, wenn diese Bauteile intakt, das Asbest fest gebunden und keiner thermischen oder mechanischen Beanspruchung ausgesetzt ist. Daher sind auch heute noch Asbestprodukte in und an den Gebäuden vorzufinden. Das Vorhandensein von intakten und festgebundenen Asbestprodukten stellt demnach keinen Verstoß dar.

Sollen Baumaßnahmen an bestehenden und asbesthaltigen Gebäuden (z.B. Sanierungen/Instandsetzungen) erfolgen, muss der Eigentümer speziell für den Umgang mit Asbest  zertifizierte  Unternehmen  für  den  fach- und  sachkundigen  Rückbau  der  Asbestbaustoffe beauftragen. Sanierungs- u. Instandsetzungsarbeiten sind gemäß der für Berlin geltenden Bauordnung verfahrensfrei, d.h. entsprechende Maßnahmen werden auch bei asbesthaltigen Gebäuden grundsätzlich ohne Beteiligung der Bauaufsichtsbehörde durchgeführt. Asbestbaustellen müssen jedoch beim Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) angemeldet werden.

Zum  gegenwärtigen  Zeitpunkt  kann  Ihnen  das  Bezirksamt  ohne  weitere  Informationen daher leider keine konkrete Unterstützung zusichern. Zunächst wäre durch Sie bzw. die Mieter*innen auf privatrechtlichem Weg zu klären, ob durch den/die Hauseigentümer*in ein  Asbestgutachten  in  Auftrag  gegeben  wurde.  Mit  diesem  wird  festgestellt,  ob  und  inwieweit eine gesundheitsgefährdende Belastung vorliegt.

Wenn eine konkrete Gefährdung bzw. konkrete Verdachtsmomente durch beschädigte Asbestbauteile nachweisbar oder ein unsachgemäßer Rück- oder Ausbau von asbesthaltigen Bauteilen erfolgt ist, erfolgt ein behördliches Einschreiten. Vorher ergeben die gesetzlichen Grundlagen keine Handlungsbefugnisse.

Ich bin mir dessen bewusst, dass dies keine zufriedenstellende Antwort für Sie ist. Ich möchte  Ihnen  jedoch  ergänzend  hierzu  die  von  der  früheren  Senatsverwaltung  für  Stadtentwicklung und Umwelt herausgegebene Broschüre „Informationsblatt – Asbest in Gebäuden“ aushändigen. Diese Broschüre enthält u.a. hilfreiche Handlungsempfehlungen, um möglichen Gefahren vorzubeugen.

Zu 2. Für  den  Löwensteinring  bestehen  seitens  des  Bezirksamts  leider  derzeit  keine  rechtlichen  Möglichkeiten,  auf  die  von  Ihnen  genannten  Mietsteigerungen  zu  reagieren.  Anders  als  in  Milieuschutzgebieten  sind  solche  Modernisierungen  bauordnungsrechtlich nicht genehmigungspflichtig und können daher auch nicht von uns geprüft werden. Daher liegen mir dazu auch keine Informationen vor. Die einzige Möglichkeit besteht daher in einer (privat -)mietrechtlichen Überprüfung und ggf.  Inanspruchnahme  der  Härtefallregelungen  im  Rahmen  der  Umlageberechnung.  Hierzu  möchte  ich  Ihnen und  allen  Betroffenen –  sofern  noch  nicht  geschehen  –  dringend eine mietrechtliche Beratung ans Herz legen.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass den Bezirken in diesem Jahr erfreulicherweise Mittel  für  den  Aufbau  einer  allgemeinen  und  unabhängigen Mieterberatung zur  Verfügung  gestellt  werden.  Wir  planen  hier  die  Einrichtung  einer  Mieterberatung für den gesamten Bezirk Neukölln, unabhängig davon in welchem Ortsteil die Mieter*innen wohnen. Da die Einzelheiten mit der Landesebene noch nicht abschließend geklärt sind, kann ich Ihnen derzeit keine verbindlichen Angaben dazu machen,  ab  wann  und  wo  diese  Beratung  im  Bezirk  eingerichtet  wird.  Sobald  dies  feststeht, werden wir die Öffentlichkeit aber selbstverständlich darüber informieren.

Jochen Biedermann
Bezirksstadtrat

 

 

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